Tambourcorps machte nicht immer die Musik

Heute ist es unvorstellbar: ein Schützenfest der Bruderschaft ohne das Tambourcorps Lintorf. Immer wenn die Spielleute im Festzelt auftreten, stehen die Lintorfer auf Tischen und Bänken und der Beifall will nicht enden. Ohne Zugabe kommen die Musiker nicht von der Bühne.

Doch die ersten Jahre nach der Wiederbegründung der Bruderschaft im Jahr 1948 gab es kein Tambourcorps in Lintorf. Die Bruderschaft war auf auswärtige Musikzüge angewiesen. Den ersten öffentlichen Auftritt hatte der Lintorfer Spielmannszug beim Titularfest der Bruderschaft am 25. Januar 1953. Ein Batailloner, zehn Tamboure und neun Hornisten (allerdings nur mit Flöte) traten gemeinsam auf mit der Kapelle Mentzen. Im Mai 1952 hatte sich das Corps in der Gaststätte Holtschneider gebildet.

Aber der Weg dorthin war nicht so einfach gewesen. Ludwig Pützer, Musiker aus Leidenschaft, war 1951 Kronprinz der Bruderschaft geworden. Er hatte längst den Gedanken in sich getragen, einen Musikzug innerhalb der Bruderschaft zu gründen. So hatte er sein Kronprinzenjahr und die vielen gemeinsamen Termine mit dem Vorstand genutzt, um bei den Vorstandsmitgliedern für seine Idee zu werben. Denn nicht alle waren von der Idee gleich hellauf begeistert. Würde sich mit dem Musikzug doch eine neue Gemeinschaft innerhalb der jungen Bruderschaft bilden, war die Befürchtung. Aber Ludwig Pützer setzte seine Idee schließlich durch.

Schnell fand sich ein Ausbilder: Karl Mentzen, ehemaliger Bataillonstambourmajor eines kaiserlichen Regimentes. Sein erster Lehrling als Tambourmajor war Hubert Wassenberg. Papp Mentzen, so nannten die Spielleute ihren Ausbilder liebevoll, starb 1958 bei einem Unfall. Er war – natürlich – in Sachen Tambourcorps unterwegs gewesen.

Schwieriger war es da schon mit den Instrumenten. Das Corps half sich zunächst mit alten Holzflöten und Trommeln aus dem Nachlass des TuS 08 Lintorf. Zum Schützenfest 1953 bekam der Spielmannszug einen neuen Tambourstock, eine Lyra und acht neue Flöten geschenkt. Der Anfang war gemacht.

Das Lintorfer Tambourcorps wurde mit den Jahren unverzichtbarer Bestandteil zahlreicher Schützenzüge im Umland, nicht zuletzt wegen der guten musikalischen Ausbildung der Spielleute. Sie spielten in Hamm, Tiefenbroich, Derendorf, Erkrath, Holthausen, Strümp, Angermund, Heiligenhaus, Lank, Duisburg, Flehe, Rheurdt, Eller, Bilk, Osterath und Ratingen.

Generationen Lintorfer Kinder verbinden mit dem Tambourcorps aber nicht nur das Schützenfest. Denn seit Jahrzehnten begleiten Abordnungen der Spielleute die verschiedenen Martinszüge in Lintorf. Für die Kinder gehört das Tambourcorps genauso zum Martinszug wie der heilige Martin auf seinem weißen Ross selbst.

Auch heute noch ist das Tambourcorps Lintorf bei vielen Schützenfesten unterwegs. Höhepunkt im Schützenjahr aber ist immer das Lintorfer Schützenfest. Dann sind die Spielleute fast im Dauereinsatz. Auf den Auftritt beim Seniorennachmittag im Schützenzelt folgt das Platzkonzert mit dem Großen Zapfenstreich auf dem Marktplatz. Am Sonntag werden die Vorstandsmitglieder, die Bruderschaftsmajestäten und noch viele andere mit Musik geweckt. Nachmittags dann der Schützenzug und abends im Zelt ein Auftritt, der die Besucher von den Bänken reißt. Und am Montag geht es munter weiter.