Schwarzer Samstag beim Reitercorps

Samstag. 15 Uhr. Sirenenalarm in Lintorf. Schwarzer Rauch steigt im Nordosten Lintorfs auf. Die roten Feuerwehrwagen rasen durchs Dorf. Horst Schlossmacher wäscht auf dem Vorplatz seines Hauses sein Auto. Ihm bleibt der Alarm nicht verborgen. Sein erster Gedanke: „Hoffentlich brennt nicht unser Reitercasino.“

Beim Grillen eines Spanferkels für Bernd Vogtländers Geburtstagsfest am Abend waren Funken auf das Holzgebäude übergesprungen. 60 Feuerwehrleute mit zahlreichen Einsatzfahrzeugen rückten an. Doch stand bereits alles in Flammen. Das Casino brannte wie Zunder. Durch massiven Löscheinsatz von allen Seiten war das Feuer zwar schnell unter Kontrolle, doch das Herzstück des Casinos, Theken- und Gastraum, war leider nicht mehr zu retten. Damit war die Heimat der Reiter zerstört. 22 Jahre Arbeit umsonst. Die Geburtstagsparty wurde trotzdem gefeiert; nicht im Reitercasino, aber im Clubhaus des Lintorfer Tennisclubs.

Rückblick: 1973 zog das Reitercorps auf das Gelände zwischen Kalkumer Straße und Breitscheider Weg. Hier führen die Reiter ihre beliebten Reit- und Springturniere Jahr für Jahr durch. Vor 41 Jahren war es auf dem doch kargen Gelände der Samenzüchterei Paas alles andere als gemütlich. Nachdem die Grundstruktur der Anlage errichtet war, auch der markante Richterturm bereits stand, war es von Nöten, nun auch ein Reitercasino aufzubauen. Die Reiter wollten doch dem noch heute geltenden Spruch gerecht werden: Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd, beim Reiter ist es umgekehrt.

Doch Geld für das Casino war 1973 nicht da. Deshalb nahmen die Reiter gerne „Sach-Spenden“ an. Karrena, noch heute unter dem Namen ‚Beroa“‘ ein netter Nachbar der Reiter, lieferte unentgeltlich ein ausrangiertes Baustellenbüro-Gebäude aus Holz. Ein stattliches Gestell von gut zwölf Metern Länge. Es dient als Rohbau für das Vereinscasino.

Mit viel Liebe und in unzählbaren Arbeitsstunden bauten die Reiter unter Leitung von Horst Schlossmacher „ihr“ Zuhause. Aus dem Baubüro entstand durch An- und Umbauten, dem Einfügen von Fenstern und Schiebeelementen für eine Sonnenterasse ein gemütliches Vereinsheim.

Die Reiter liebten es heiß und innig. Niemand konnte mehr erkennen, dass es aus unzähligen Einzelteilen zusammengebaut war. Man kann als Aussenstehender gar nicht nachvollziehen, mit wieviel Liebe zum Detail die Einrichtung und die Dekoration zusammengetragen wurde. Gerade die Frauen hatten daran einen sehr großen Anteil. Eine schmucke Küche stellte die Basis für die Verpflegung dar. Die Reiter fühlten sich dort in ihrem Casino mit ihren Familien ausgesprochen wohl. Die damals traditionellen sonntäglichen Frühschoppen nach der Kirche zeugen davon. Sie endeten nicht selten erst am frühen Montagmorgen.

Mit den immer größer werdenden Turnieren wurden weitere Gebäudeteile angebaut. Darin wurden die Hindernisse und sonstige Materialien und Gerätschaften untergebracht.

Das alles zu errichten dauerte bis zu jenem „Weltuntergangstag“ im April 1995 ganze 22 Jahre! Insgesamt gab es drei unterschiedliche Theken, die im Laufe der Jahre verschlissen wurde. Die letzte dieser Theken, die die Reiter aus dem Bergischen Land holten, konnte allerdings erst gar nicht mehr offiziell eingeweiht werden.

Monatelang hatte Horst Schlossmacher diese Thekenanlage von Grund auf restauriert. Sie sah aus wie nagelneu und wurde fertig am 8. April 1995. Diesen Tag werden die Reiter niemals vergessen. Bernd Vogtländer wollte im Casino seinen 50. Geburtstag feiern. Horst Schlossmacher brachte die letzten feinen Holzleisten an der neuen Theke an, die niemals ihren ursächlichen Zweck gerecht werden sollte, damit zur Geburtstagsfeier alles „perfekt“ aussehe. Er verabschiedete sich gegen 14 Uhr.

Dabei wurde er aufmerksam auf ein Spanferkel, dass auf der Terrasse in einem Holzkohlegrill für den Abend zubereitet wurde. Horst Schlossmacher war sofort skeptisch. Das Feuer brannte doch sehr nah am Gebäude. Wegen des sich angekündigten Regens stand der Grill auf der Terrasse unterhalb der Überdachung. Der Grillmeister versicherte jedoch, es passiere nichts. Eine Stunde später heulten die Sirenen.

Viel schlimmer aber war das Erwachen der Reiter am nächsten Tag. Da standen sie vor den Trümmern und Resten ihres Casinos. Tränen standen ihnen in den Augen, das Entsetzen war ihnen förmlich ins Gesicht geschrieben. Sie wollten es zunächst nicht wahrhaben und konnten es nicht glauben. Das durfte doch nicht wahr sein!

Aber so sind die Reiter nicht. Sie kehrten schnell auf den Boden der Realität zurück und begannen mit den Plänen für die Zukunft. Nach vielen Gesprächen wurde ein neues Massivholz-Blockhaus aufgestellt, Kern des heutigen Vereinsheimes. Wie schon beim ersten Mal ging es auch hier schrittweise voran. Nach Erstellen des Blockhauses gab es verschiedene Innenarbeiten, wie den Neubau einer Theke, der Küche wie auch der Toiletten. Es folgten weitere Ausbauten, die schließlich dem gerecht wurden, was man vor dem Brand hatte. So ist es auch noch heute.

Eine 80 Quadratmeter große Sonnenterrasse, jetzt vor dem Eingang, gibt es auch wieder. Nur Grillen ist hier nicht mehr erlaubt.