Die Lintorfer Bruderschaft wurde 1464 gegründet. Darüber berichtet das Bruderschaftsbuch, dessen erste Teile vermutlich in den 70-er Jahren des 15. Jahrhunderts geschrieben wurden. Neben dem Gründungsjahr und den Namen der Gründungsmitglieder enthält es auch die Satzung der Bruderschaft. Es gehört zu den ältesten Dokumenten dieser Art.

„Die nachfolgend Aufgeschriebenen haben ihre Gunst und Gaben in diese Bruderschaft gegeben und sind aufgenommen als Schwestern und Brüder seit dem Jahre (14) 64.
Her Johan Rovver pastoir zu Lyntdorp, Her Lambrecht Rovver Cappellein zu Lyntdorp, Jonfer Eve van Helpensteyn indir fader, Koncker Herman ir son, sonfer Nese ind Hilgart ir doechter, Joncker Heynrich ind Jonfer Grete van Ulenbroiche, Clais am Raem ind Kathryne ux., Itme Heynken Korn ind Drude ux., Item Woulter Huysman ind Elsa uxor., Item Peter Mocks, Item Peter up dem Ymesberge, Mettel ind Cathryne syne Huysfr., Item Wilhelm Offerkamp kelner zu Angermont Irmghen syn huysfrauwe ind Wilhelm ir son, Item Heynrich von Calchem, Item Lambrecht Burger ind uxor cu(m) fili(o), Item Johan to Krabusch ind uxor, Item Wilhelm to Krabus, Item Peter Huysman ind Stina uxor.“

Die Mitgliederzahl stieg bis zum Jahre 1473 auf 63 an, deren Namen alle im Bruderschaftsbuch verzeichnet sind: Geistliche, Adelige und Bauern, Männer und Frauen aus Lintorf und den Nachbargemeinden. Die Bruderschaft hatte zunächst rein religiösen Charakter. Die Mitglieder verpflichteten sich zu bestimmten Gebeten, religiösen Übungen und Opfern. Erst später kamen weltliche Feste hinzu. Leider berichtet das erste Bruderschaftsbuch wenig hierüber. Nur an einer Stelle wird über das Schützenspiel (Vogelschießen) geschrieben, das damals – im 16. Jahrhundert – schon Brauch war. Am Schützenfest zogen die Schützenbrüder zur Vogelwiese. Nach einem kurzen Gebet begann dort das Schießen auf den geschnitzten Vogel. Wer den letzten Splitter des Vogels herunterschoss, war Schützenkönig. Als Zeichen seiner Würde wurde ihm der Bruderschaftskranz auf den Hut gesetzt.

Die silberne Kette als Zeichen der Königswürde, an die der jeweilige König ein Silberschild mit seinem Namen und Wappen oder Berufszeichen zum Andenken an sein Regentschaftsjahr heftete, wird in den Eintragungen aus dem 15./16. Jahrhundert in den Niederschriften der Nachbarbruderschaften beschrieben. Dass es in der Lintorfer Bruderschaft auch eine Silberkette gab, ist wahrscheinlich. Nachweisen lässt sich dies erst seit dem Jahr 1809. Aus diesem Jahr stammt das älteste Königssilber der Lintorfer Bruderschaft. Unter dem Zeichen des Schreiner-Winkeleisens trägt es die Aufschrift: „Friedrich Holzschneider, König in Lindorff 1809“. Auch das Schild des Königs von 1810 ist vorhanden und trägt das Zeichen des Bäckers – Brezel und Brötchen – und den Namen des Königs: „Johann Strack, König in Lindorff, 1810.“

Aus dem 18. und 19. Jahrhundert ist nur wenig von der Bruderschaft bekannt. Durch Kriegszeiten und Brände sind leider viele wertvolle Schriftstücke und Gegenstände verloren gegangen, die aus der Vereinsgeschichte dieser Zeit berichten könnten. Die zuvor schon erwähnten Plaketten für die Königskette von 1809 und 1810 und die der Könige 1816 Wilhelm Breitgraff, 1820 Wilhelm Effmann und 1861 Wilhelm Laufs, sind die einzigen bekannten Zeugnisse, dass die Bruderschaft in dieser Zeit existierte und ein Vogelschießen veranstaltete.

Kurz vor Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Leben der Bruderschaft neu entfacht. Das zweite Bruderschaftsbuch aus dem Jahre 1896 spricht von der „Neu-Gründung eines sehr alten Vereines“ und verweist dabei auf das erste Bruderschaftsbuch im Pfarrarchiv mit Statuten und Mitgliederverzeichnis.

Die erste Generalversammlung fand am 20. Januar 1897 statt. Die Protokolle der folgenden Versammlungen berichten mehrfach wieder vom Sterbegeld und von organisatorischen Fragen und Anschaffungen. 96 Mitglieder zählte die Bruderschaft 1897. Der monatliche Beitrag betrug 25 Pfennig. Im November 1897 wurde nach vielen Beratungen die Bruderschaftsfahne in Auftrag gegeben. Da ungewiss war, ob die Hauptkasse den Betrag zahlen konnte, verpflichtete sich jeder Schützenbruder, einen Anteil von fünf Mark zu übernehmen.

In der Generalversammlung vom 14. März 1909 wurde die Gründung einer neuen, uniformierten Kompanie beschlossen, in die sich 21 Bürger aufnehmen ließen. Es war die Geburtsstunde der Tell-Kompanie. Zum ersten Vorsitzenden wurde Fritz Nipken gewählt.

Der Erste Weltkrieg unterbrach das Schützenleben. Die meisten Schützenbrüder wurden eingezogen. Viele starben. Genaue Angaben fehlen, da das Protokollbuch eine Lücke aufweist für die Zeit vom 11. August 1912 bis zum 22. Januar 1922. Tatsache ist, dass die aus dem Krieg zurückgekehrten Schützen sich 1919 wieder zusammen fanden, nach altem Brauch das Titularfest feierten und ein Königsschießen veranstalteten.

August Breuer, auch “Bürgermeister vom Busch” genannt, führte die Bruderschaft als Vorsitzender in den 20-er Jahren bis zu ihrem Verbot durch die Nationalsozialisten im Jahr 1936. Einige Protokolle, die er selbst an Stelle des langjährigen Schriftführers Franz Schmitz schrieb, deuten auf Nüchternheit, Zielstrebigkeit und Selbstbewusstsein hin.

Als die größten Schrecken des Zweiten Weltkrieges und die schwersten Sorgen der Nachkriegszeit langsam überstanden waren, und neues Leben überall in Lintorf sich regte, wurde die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft wieder belebt. Initiator und Vorsitzender des vorbereitenden Ausschusses war Emil Harte, Leiter der Katholischen Schule. Er wurde von Freunden und dem Pfarrer der Gemeinde, Dechant Wilhelm Veiders, in seinen Bemühungen kräftig unterstützt. Dem Aufruf zur Feier des ersten Titularfestes am 20. Januar 1948 waren etwa 30 Männer gefolgt, unter ihnen der letzte Vorsitzende August Breuer und der letzte am Ort lebende König Fritz Zündorf. Er trug an diesem Tage die Königskette. Auf der dem Gottesdienst folgenden Gründungsversammlung waren 15 ehemalige Mitglieder vertreten, 13 neue ließen sich aufnehmen.

Es zeigte sich bald, dass man mit Emil Harte einen Mann mit außerordentlichem Organisationstalent, großer Umsicht und nimmermüdem Einsatz gefunden hatte. Seinem persönlichen Einsatz vor allem hatte man zu verdanken, dass die Bruderschaft sehr schnell wuchs und am 22. August 1948 – einige Wochen nach der Währungsreform – mit 90 Mitgliedern das erste Schützenfest feierte. Nach 18-jähriger Unterbrechung zog zum ersten Male wieder ein farbenprächtiger Festzug durch die Straßen Lintorfs und lockte viele Schaulustige an.

Bis zum nächsten Schützenfest im August 1949 war die Mitgliederzahl schon auf 150 Mitglieder angewachsen. Man beschloss darum, ein großes Festzelt aufzubauen. Was die Kühnsten nicht zu hoffen gewagt hatten, trat ein: Der Andrang war so groß, dass das große Festzelt an allen drei Tagen voll besetzt war und ein Festzug geboten wurde, wie man ihn in Lintorf noch nicht gesehen hatte.

Die weitere Entwicklung der Lintorfer Bruderschaft ging weiter steil aufwärts. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden neue Corps gegründet: Hubertus-Kompanie 1950, Tambourcorps 1952, Reitercorps 1956, Jäger-Korps 1957, Andreas-Hofer-Korps 1958, Prinz-Eugen-Corps 1959, Stammkorps 1963, St. GeorgCorps 1963, Bürger-Corps 1976, St. Lambertus-Corps 1976, Tambourcorps-Reserve 1987.

Wenn man die Zeit von 1948 bis 1960 die Ära Emil Harte nennt, muss man in einem Atemzuge die großartige Arbeit des Lintorfer Schützenchefs Hans Lumer nennen, der von 1963 bis 1994 die Geschicke zum Wohle der Lintorfer Bruderschaft lenkte und bestimmte. In seiner Amtszeit hat er zwei großartig verlaufene Feste zum 500-jährigen und zum 525-jährigen Bestehen mit viel Geschick, großer Weitsicht, viel Freude und bester Planung durchgeführt.

Am Titularfest 1994 kam es zum Führungswechsel. Nach seiner langjährigen Cheftätigkeit stellte sich Hans Lumer nicht mehr zur Wahl und mit Karl Heinz Kipp wurde ein neuer Chef der Bruderschaft gewählt. Karl Heinz Kipp, war seit 1951 Mitglied der Bruderschaft und einer der Mitgründer des Tambourcorps Lintorf. Hans Lumer wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Nach Karl Heinz Kipps überraschendem Tod im Frühjahr 2005 führte Herbert Hirsch als stellvertretender Vorsitzender die Bruderschaft zunächst kommissarisch bis zum nächsten Titularfest. Hier wurde er dann offiziell zum ersten Vorsitzenden und damit zum Chef der Bruderschaft gewählt. Zu seinem Stellvertreter wählten die Schützen Andreas Preuß von der Tell-Kompanie. In Herbert Hirsch Amtszeit fiel das Jubiläumsschützenfest zum 550-jährigen Bestehen der Bruderschaft.

Bei der Jahreshauptversammlung im Jahr 2015 trat Herbert Hirsch vom Posten als Chef der Bruderschaft zurück. Zum Nachfolger wurde Andreas Preuß gewählt. Als zweiten Vorsitzenden wählte die Versammlung Andreas Nieß. Neuer Oberst der Bruderschaft ist Joachim Schultz. Einstimmig wurde Herbert Hirsch für seine langjährigen Verdienste zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Bei der Mitgliederversammlung im September 2022 traten Andreas Preuß und Andreas Nieß nicht mehr zur Wahl an. Andreas Kellersmann wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt, Frank Groten zum zweiten Vorsitzenden.